Klinische Forschung

In der klinischen Forschung werden Medikamente oder andere Therapien untersucht, für die in der Grundlagenforschung positive Hinweise auf einen möglichen therapeutischen Effekt vorliegen.
Bei ALS sind neue Medikamente und innovative Behandlungsverfahren bekannt, bei denen eine therapeutische Wirksamkeit vermutet, aber noch nicht ausreichend erforscht ist. Eine wirksame Therapie stellt sich mit einer Verlängerung des Überlebens, einer Verminderung von ALS-Symptomen und mit einer verbesserten Lebensqualität dar.
Prinzip der kontrollierten Studien
Die Prüfung und Etablierung neuer Therapieoptionen werden in klinischen Studien realisiert. Nach einem medizinisch -wissenschaftlichen Protokoll wird eine offene Forschungsfrage, zum Beispiel nach der Wirksamkeit eines Medikamentes bezüglich bestimmter Symptome, untersucht und analysiert. Die Wirksamkeitskriterien und die zur Beantwortung der Forschungsfrage notwendigen Erhebungen werden im Vorfeld der Untersuchung definiert, durch eine Ethikkommission bewertet und nach definierten Bedingungen durchgeführt („kontrollierte Studie“).
Hohe Qualitätsstandards
Zur Durchführung klinischer Studien ist eine Qualifizierung der Ärzte zum Prüfarzt erforderlich; analog ist die Qualifikation von nichtärztlichem Personal zu Studienassistenten notwendig. Im Vordergrund stehen die Einhaltung hoher medizinisch-wissenschaftlicher und ethischer Standards bei der Erforschung von neuen Medikamenten und Therapieverfahren.
Risiko-Nutzen-Abwägung
Die klinische Forschung dient – neben der Untersuchung der Wirksamkeit – dazu, mögliche Risiken zu erfassen und abzuschätzen. Im Ergebnis steht eine Nutzen-Risiko-Abwägung für neue Medikamente, Medizintechnik und Behandlungsverfahren. Die Resultate klinischer Forschung werden in wissenschaftlichen Publikationen und auf nationalen und internationalen Kongressen der fachlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Klinische Forschung wird zumeist in einer Zusammenarbeit verschiedener ALS-Zentren und unter aktiver Mitarbeit von Menschen mit ALS realisiert. Sie ist ein wesentlicher Katalysator für Behandlungsinnovationen, in deren Ergebnis die Verlängerung von Lebenszeit und die Verbesserung von Lebensqualität stehen.

Ansprechpartner
Forschung für spezialisierte Versorgung

Die spezialisierte Versorgung ist Teamarbeit: Neben dem spezialisierten Facharzt für Neurologie sind weitere Experten und Unterstützer im Team, die für eine optimale Versorgung der ALS-Patienten tätig werden.
Aufgrund der Schwere und Komplexität der ALS ist die alleinige Versorgung in einer „regulären“ Arztpraxis nicht ausreichend. Während in der Regelversorgung ein Facharzt für Neurologie (zumeist gemeinsam mit einem medizinischen Fachangestellten) in der Betreuung von ALS-Patienten auf sich gestellt sind, ist im Konzept der spezialisierten Versorgung ein ALS-Team tätig. Neben einem Neurologen, der auf die Therapie der ALS spezialisiert ist, werden weitere Experten aktiv, die für eine optimale ALS-Versorgung arbeiten.
Individuelle Hilfen nötig
Menschen mit ALS benötigen in ihrem Krankheitsverlauf individuelle Mobilitäts- und Kommunikationshilfen, die von einem Hilfsmittelkoordinator fachlich und organisatorisch strukturiert werden. Auch die Suche einer geeigneten Physio- und Ergotherapie oder Logopädie ist eine häufige Frage und Herausforderung, die von einem Heilmittelkoordinator beantwortet wird.
Ernährungstherapeut gehört dazu
Aufgrund einer ALS-bedingten Schluckstörung erleidet die Mehrheit der Betroffenen eine Unterernährung, die durch eine spezialisierte Ernährungstherapie (bis hin zu einer künstlichen Ernährung über eine Ernährungssonde) verhindert oder korrigiert werden kann. Eine spezialisierte Versorgung umfasst auch eine Ernährungsberatung sowie eine fachliche und organisatorische Unterstützung durch einen Ernährungstherapeuten.
Beatmungstherapie zentraler Bestandteil
Eine Gruppe von ALS-Patienten benötigt Beatmungsgeräte, die an Patienten individuell angepasst werden müssen. Die Beatmungsversorgung bei der ALS unterscheidet sich grundsätzlich von Atemhilfen bei Lungenerkrankungen und setzt Expertenwissen voraus. Mit einer kompetenten Beatmungsversorgung kann die Lebensqualität deutlich verbessert werden. Der Koordinator für die Beatmungstherapie ist daher ein zentraler Bestandteil der spezialisierten Versorgung in einem ALS-Team.
Fachliche und soziale Kompetenz
Der Patient steht im Mittelpunkt der spezialisierten Versorgung, die von dem betreuenden Neurologen geleitet und dem gesamten Expertenteam des ALS-Zentrums umgesetzt wird. Das ALS-Team arbeitet wiederum mit anderen Ärzten, medizinischen Partnern und Versorgern zusammen. Im Ergebnis entsteht eine spezialisierte Versorgung, in der fachliche und soziale Kompetenzen verbunden werden.

Ansprechpartner
Prof. Dr. Christoph Münch
Facharzt für Neurologie
+49 (0)30 450 560132
christoph.muench@charite.de
Grundlagenforschung

ALS-Grundlagenforschung dient der Aufklärung von Ursachen und Mechanismen der ALS. Ihre Ergebnisse sind mittel- und langfristig zu erwarten, aber zugleich hauptsächliche Strategie, um zukünftig hochwirksamen Therapien oder sogar Heilung der ALS zu erreichen.
Im gegenwärtigen medizinisch-wissenschaftlichen Verständnis der ALS ist davon auszugehen, dass mehrere Ursachen und Schädigungswege zur ALS führen können. Vor diesem Hintergrund verfolgt die ALS-Grundlagenforschung unterschiedliche Hypothesen und Forschungsrichtungen.
Bei ALS lagern sich schädliche Eiweiße ab
Eine vielversprechende Forschungsrichtung betrifft die schädliche Ablagerung von spezifischen Eiweißen in den motorischen Nervenzellen von ALS-Patienten (Proteinopathie). Die Prävention oder Reduktion von Eiweißablagerungen der Proteine TDP-43, SOD-1 oder FUS gilt als eine wichtige Strategie der ALS-Grundlagen- und Therapieforschung. Der ALS-Fellow der Charité, Christopher Secker, ist im Gebiet der TDP-43-Forschung tätig. Eine weitere Forschungsrichtung verfolgt genetische Faktoren, die eine ALS auslösen oder begünstigen können.
Biologische Proben treiben die Grundlagenforschung voran
In grundlagenwissenschaftlichen Projekten der Charité, für die eine finanzielle Unterstützung erforderlich ist, werden beide Forschungsrichtungen, die Rolle von Proteinopathie und genetischen Faktoren, adressiert. Eine besondere Stärke der Grundlagenforschung an der Charité besteht in der Verknüpfung der klinischen Forschung. Aufgrund der hohen Anzahl an Menschen mit ALS, die sich an der Charité in medizinischer Betreuung befinden und ihrer hohen Bereitschaft der Mitwirkung an wissenschaftlichen Vorhaben, besteht die seltene Möglichkeit, klinische Forschung und Grundlagenforschung zu verknüpfen. Grundlagenforschung setzt die Nutzung von biologischen Proben zum Beispiel Blut, Nervenwasser, DNA oder Gewebeproben voraus. Im ALS-Zentrum der Charité können in besonderer Weise biologische Proben gewonnen und somit die Grundlagenforschung vorangetrieben werden.
Grundlagenforschung ist in Kooperationen erfolgreich
Die Grundlagenforschung an der Charité erfolgt in Kooperation zwischen der Neurologischen Klinik und dem Institut für Neuropathologie der Charité sowie dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. Die Grundlagenforschung ist mit weiteren nationalen Forschungseinrichtungen und verschiedenen Forschungsteams in Europa und in den USA verknüpft.
Ansprechpartner
Christopher Secker
Facharzt für Neurologie
Ambulanzleitung+49 (0)30 450 560028
thomas.meyer@charite.de